Eine kurze Geschichte des Standortübungsplatz Münster-Ost
© Ina Everskemper
von Hubert Bäumer
Der Standortübungsplatz Münster-Ost ist ein 300 ha großer Bereich, der zu ca. 85% auf Münsteraner Stadtgebiet liegt, der Rest gehört zur Stadt Telgte im Kreis Warendorf. Für seine Errichtung ab dem Jahr 1934 als Ersatz für den Exerzierplatz Loddenheide wurde uraltes bäuerliches Siedlungsgebiet und Gemeinbesitz (Allmende), in Westfalen zumeist als „Heide“ bezeichnet, von staatlicher Seite aufgekauft, hierdurch verloren 27 bäuerliche Betriebe Haus und Hof, viele Familien haben daraufhin ihre landwirtschaftliche Tätigkeit ganz aufgegeben und siedelten sich im wachsenden Dorf an, andere zogen auf weit entfernte Hofstellen, die aus Erbgründen freiwurden. Größter ehemaliger Grundeigentümer war das heutige Vinzenzwerk, das den Großteil seiner Gutsflächen abgeben musste.
Nachfolgend wurde der Platz umfangreich planiert, zum Teil aufgefüllt, trockengelegt und drainiert. Der Lammerbach und der Hornbach wurde verrohrt, um Raum für einen militärischen Fliegerhorst der Wehrmacht sowie auch einen zivilen Verkehrsflughafen zu schaffen. Der zivile Teil des Flughafens war am östlichen Ende an der Lauheider Strasse gelegen und wurde auch durch diese Strasse versorgt, daher der überdimensonierte Querschnitt der Lauheider Strasse. Es gab hier eine ganze Reihe an Lufthansa-Linien-Verbindungen zu Zielen in ganz Europa und ein modernes Flughafen-Gebäude.
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Der Fliegerhorst wurde 1936 durch die Errichtung der Lützow-Kaserne versorgt, die das fliegerische Personal, wie auch Wach-und Instandhaltungsmannschaften aufnahm. Zur Versorgung des Fliegerhorstes wurde eine Nebengleisstrecke der Bahnlinie Münster-Osnabrück verlegt, die weitere Versorgung verlief über einen Wehrmachts-eigenen Verschiebebahnhof auf einer Schmalspurbahn, die bis zu den Hangars und den beiden Startbahnen gelegt wurden.
Bei Kriegsbeginn 1939 wird die zivile Luftfahrt der Lufthansa gänzlich eingestellt und der Fliegerhorst nochmals in südlicher Richtung vergrössert. Kampfgeschwader der Luftwaffe werden mit Bombern Heinkel 111, die von Handorf aus gegen England flogen, sowie Jäger des Typs Messerschmidt Bf109, später auch Strahljägern des Typs Me262 stationiert. Für die schweren Bomber wurden die Startbahnen ab 1940 asphaltiert. Der Kirchturm der St. Petronilla Kirche in Handorf muss 1941 wegen der tieffliegenden Flugzeuge abgetragen werden, der Wald „Wiggerts Busch“ im Winkel der Kötterstrasse und Lützowstrasse wurde deswegen auch gefällt. Dort wird stattdessen ein großes Lager des Reichsarbeitsdienstes (RAD) errichtet, dessen Arbeiter beim weiteren Ausbau und Instandhaltung des Flugplatzes eingesetzt wurden. Weitere RAD Lager wurden bei Haus Pröbsting im Dorf, in Dorbaum und in Kasewinkel errichtet.
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Zum Kriegsende 1945 wurde der Fliegerhorst durch amerikanische Truppen eingenommen und anschliessend den Briten übergeben, die den Platz für eigene Luftfahrzwecke intensiv bis ca 1949 einsetzten. Ab den 1950er Jahren wurden die intakten Kasernengebäude von über 800 Flüchtlinge z. T. aus den Ostgebieten bewohnt. Es gab dort eine eigene Schule, Einzelhändler und eigene Vereine.
Pläne zur dauerhaften Reaktivierung des Flugplatzbetriebs führten zu Widerstand innerhalb der Bevölkerung, so dass der Platz zur Stationierung von Heereseinheiten freigegeben wurde. Diese Nutzung begann mit dem Bau der Lützow-Kaserne im Jahr 1956, bei dem Gebäude des ehemaligen Fliegerhorstes (südlicher Teil der Kaserne) mit einbezogen wurden.
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1959 wurde eine Nike-Raketen-Stellung durch niederländische Luftstreitkräfte stationiert; die dazugehörenden atomaren Sprengköpfe wurden durch die US-Armee verwaltet. Die Raketenbatterie war bis 1975 aktiv, dann erfolgte eine Umstrukturierung und die Nike-Batterie wurde aus Handorf abgezogen. Die leerstehenden und teilweise verfallenen Gebäude wurden von Mitte der 1980er Jahre an nach und nach abgebrochen und zu den bekannten drei Schuttbergen über den ehemaligen Bunkeranlagen zusammengetragen.
Das Gelände des ehemaligen Flugplatzes wurde unterdessen für Zielübungen des Panzerbataillon 194 genutzt, was aber zu Protesten bei der benachbarten Bevölkerung Handorfs führte, weil sie sich im imaginären Beschussgebiet wähnten, worauf diese Praxis eingestellt wurde. Das Panzerbataillon wurde später abgezogen.
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2006 wurden umfangreiche landschaftsbauliche Maßnahmen durchgeführt: Mehrere Gewässer wurden angelegt und zahlreiche große Gehölzriegel wurden gepflanzt, um die bis dahin sehr offene Landschaft des ehemaligen Flugfeldes für die übende Infanterie der Lützow-Kaserne aufzuwerten. Erhalten gebliebene Unterkunftsgebäude der niederländischen Nike-Stellung am Südrand des Geländes („Holländer-Camp“) werden durch das Technische Hilfswerk genutzt.